Kastration

Hund kastrieren: Was dagegen spricht

Dein junger Rüde ist nun aus dem Gröbsten raus, doch immer wieder zeigt er übertriebenes Imponiergehabe, Aggressionen gegenüber Artgenossen oder ist sehr liebeskrank? Bei vielen drängt sich der Verdacht auf, dass zu viel Testosteron diese Auswirkungen auf sein Verhalten nach sich zieht – oft wird dann der Ruf nach einer Kastration laut. Tatsächlich ist dieser Eingriff in Deutschland jedoch nur bei einem triftigen medizinischen Grund erlaubt!

In welchen Fällen eine Kastration bei Rüden oder auch bei Hündinnen tatsächlich notwendig ist, was der Eingriff bedeutet und warum man diese Entscheidung nicht leichtfertig treffen sollte, erklären wir dir in diesem Beitrag.

Ist das Kastrieren von Hunden verboten?

Hier muss man eindeutig mit “Ja” antworten: Gemäß deutschem Tierschutzgesetz (TierSchG) gilt eine Kastration als Amputation und ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Dafür muss die Indikation eines Tierarztes vorliegen, es muss also eine medizinische Notwendigkeit vorliegen, die diesen schweren Eingriff rechtfertigt.

Als Experte kann er Hundehalter anhand der individuell vorliegenden Situation beraten, ob die Wahrscheinlichkeit, dass es nach der Kastration besser wird, höher ist oder eher die Risiken überwiegen.

Wann ist eine Kastration von Rüden erlaubt?

Tatsächlich werden die meisten Kastrationen von Rüden aufgrund von Verhaltensproblemen vorgenommen, beispielsweise bei starkem Sexualtrieb:

  • Im Fall der sogenannten Hypersexualität, also bei extremem Sexualtrieb eines Rüden, neigen die Vierbeiner zum Streunen und Markieren,
  • sie schnuppern und belecken oft übermäßig den Genitalbereich anderer Hunde,
  • zeigen übermäßiges Imponiergehabe,
  • Dominanzverhalten und
  • Aggressionen gegenüber Artgenossen.

All diese Verhaltensweisen könnten durch Sexualhormone bedingt sein – aber ebenso gut könnte es andere Ursachen geben! Dieser folgenschwere Eingriff ist daher keineswegs als Universallösung zu sehen! Es kommt immer auf den Einzelfall und die Diagnose des Tierarztes an, ob eine Kastration tatsächlich Abhilfe leisten kann. Umso wichtiger ist daher das sorgfältige Abwägen zwischen Nutzen und Risiken für deinen Liebling und euer Zusammenleben.

In einigen Fällen liegen medizinische Indikationen vor, die unter Umständen eine Kastration bei Rüden notwendig machen, etwa bei

  • Hodenhochstand: Die Hoden liegen dann in der Bauchhöhle, die Gefahr für Tumore und eine Hodendrehung ist größer
  • Prostataproblemen (z. B. starkes Anschwellen des Organs, was zu Schmerzen und erschwertem Absetzen von Kot und Urin führen kann)
  • Hodenkrebs

Hündin kastrieren – in welchen Fällen ist es erlaubt?

Auch bei Hündinnen können Tierärzte zu einer Kastration raten, z. B. bei

  • häufiger Scheinträchtigkeit (wenn Hündinnen sehr unter Scheinschwangerschaften leiden)
  • Scheidenvorfällen (bei welchen sich die normalerweise innen liegende Vaginalschleimhaut z. B. während oder kurz nach der Läufigkeit nach außen wölbt)
  • Gebärmuttervereiterung (Pyometra; dabei handelt es sich um eine eitrige Gebärmutterentzündung)
  • Tumoren (z. B. Mammatumor in der Gesäugeleiste)

Wie wird ein Hund kastriert?

Von einer Kastration ist die Rede, wenn die Keimdrüsen des Hundes entfernt werden, das bedeutet:

  • Kastration bei Rüden: Die Hoden werden entfernt.
  • Kastration bei Hündinnen: Entweder werden nur die Eierstöcke entfernt aber häufig erfolgt die Entnahme von Eierstöcken und Gebärmutter (je nach Alter der Hündin und Zustand der Gebärmutter).

Das klingt nicht nur radikal, sondern ist es auch: Es handelt sich hierbei tatsächlich um einen irreversiblen Eingriff, der nicht rückgängig zu machen ist und weitreichende Folgen hat.

Der Ablauf der Kastration ist in der Regel wie folgt:

  1. Der Hund wird in Vollnarkose versetzt. Während des gesamten Eingriffs werden seine Körperfunktionen und die Betäubung überwacht.
  2. Als nächstes wird der Vierbeiner an der zu operierenden Stelle rasiert, desinfiziert sowie abgedeckt.
  3. Bei Rüden wird ein kleiner Schnitt vor dem Hodensack vorgenommen, über welchen die Hoden und der Samenstrang abgebunden und entnommen werden. Bei Hündinnen erfolgt der Schnitt unterhalb des Bauchnabels und die Eierstöcke werden entfernt.
  4. Die Wunde wird vernäht und/oder verklebt.
  5. Der gesamte Eingriff dauert in der Regel 30 bis 60 Minuten. Anschließend schläft der Hund erst einmal und wacht dann in Ruhe auf.

Unser Tipp: Kommt ihr um eine Kastration nicht herum, tröstet es dich vielleicht, dass viele Praxen damit einverstanden sind, wenn du deinen Hund beim Aufwachen begleiten möchtest. Kann dein Liebling nach dem Eingriff wieder sicher stehen, könnt ihr euch auf den Heimweg machen.

Vor- und Nachteile: Hund kastrieren oder nicht?

In einigen Fällen stellt sich diese Frage leider nicht: Wenn dein Liebling unter Schmerzen leidet oder seine Gesundheit gefährdet ist, ist die Kastration mitunter der einzige Weg.

In den Fällen jedoch, wo die Kastration vorgenommen werden soll, um möglicherweise eine Verhaltensänderung (bei Rüden) zu bewirken, ist eine Kastration in Deutschland nicht erlaubt. Denn oft lässt sich in diesen Fällen nicht im Vorhinein eindeutig voraussagen, ob die Kastration den gewünschten Erfolg mit sich bringt.

Eine eindeutige Einschätzung und Empfehlung dazu kann dir nur der Tierarzt deines Vertrauens geben, der deinen Liebling genau kennt und alle notwendigen Untersuchungen vorgenommen hat, um dich umfassend zu beraten. Eine pauschale Empfehlung für alle Hundebesitzer lässt sich daher keinesfalls aussprechen!

Rüde kastrieren – ja oder nein?

Mögliche Vorteile:

  • keine unkontrollierte Fortpflanzung
  • Verhaltensänderungen wie verminderter Sexualtrieb, weniger Streunen und Markieren oder ein geringeres Aggressionslevel, sofern diese Verhaltensweisen auf die Sexualhormone zurückzuführen waren und der Hund früh genug kastriert wurde (eine gute Erziehung schon ab dem Welpenalter ersetzt das nicht!)
  • ausbleibender Ausfluss von Smegma (Smegma besteht aus Sekret, Harn- und Spermaresten sowie abgestorbenen Zellen)
  • geringeres Risiko einer Prostatavergrößerung, die Schmerzen und Schwierigkeiten beim Wasser- und Kotlassen nach sich ziehen und zu Tumoren führen kann
  • harmonischeres Zusammenleben konkurrierender Hund

Mögliche Nachteile:

  • Verschlimmerung des unerwünschten Verhaltens wie stärkere Aggression, verstärktes Aufreiten und stärkerer Jagdtrieb als zuvor
  • Gewichtszunahme, da viele Tiere durch die kastrationsbedingte Änderung des Stoffwechsels mehr Appetit entwickeln
  • Fellveränderungen: Das Fell ähnelt nach dem Eingriff eher dem weichen Welpenfell, da mehr Unterwolle produziert wird
  • erhöhtes Risiko für Prostatakrebs oder auch anderen Tumoren
  • Erkrankungen der Gelenke kommen bei manchen Rassen vermehrt vor

Hündin kastrieren – ja oder nein?

Mögliche Vorteile:

  • ausbleibende Läufigkeit und damit auch
  • keine Scheinträchtigkeit und
  • kein ungeplanter Welpennachwuchs
  • geringeres Brustkrebs-Risiko: Vielfach angeführt wird das geringere Risiko für Mammatumore: Je eher die Kastration erfolge, umso geringer sei das Risiko. Einige Experten jedoch interpretieren die vorliegenden Daten dazu anders: So sei es auch von Rasse zu Rasse unterschiedlich, ob ein Tier anfällig sei und nicht jeder Tumor sei bösartig.
  • Verhinderung einer Gebärmuttervereiterung (meist bei älteren Hündinnen)

Mögliche Nachteile:

  • Inkontinenz nach dem Eingriff oder später. Das Risiko steigt je nach Größe der Hündin an (<20kg 20%, große Rassen 30% und Risikorassen bis zu 60%) Risikorassen sind z.B. Rottweiler, Dobermann, Riesenschnauzer, Boxer. Inkontinenz tritt teilweise sofort nach der OP auf aber kann aber auch noch nach 10 Jahren entstehen
  • Gewichtszunahme, Kastration senkt den Energiebedarf eines Hundes um ca. 12-15%
  • negative Verhaltensänderungen wie verstärkte Aggressivität (hervorgerufen durch weniger Östrogen)
  • verstärktes Risiko für andere Krebsarten
  • Fellveränderungen, besonders bei langhaarigen Hunden mit glänzendem Deckhaar (z.B. Setter)
  • Gelenkerkrankungen, z.B. Hüftgelenksdysplasie, Auch höheres Risiko für degenerative Erkrankungen wie Kreuzbandriß (kann auch bei Rüden gelten)


Hund kastrieren – die Kosten

Die Kastration von Hunden wird gemäß der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) abgerechnet. Je nach Aufwand bei dem Eingriff können Tierärzte den 1-fachen, 2-fachen oder 3-fachen Satz berechnen:

Kosten einer Kastration gemäß GOT

1-fach

2-fach

3-fach

Rüde

(Kastration)

70,60 €

141,20 €

211,80 €

Hündin (Ovarektomie)

128,27 €

256,54 €

384,81 €

Unser Tipp: Du machst dir als Halter Gedanken, wie du den notwendigen Eingriff bezahlen sollst? Dann prüfe doch einmal deine Versicherungsunterlagen! Viele Tierkrankenversicherungen übernehmen die Kosten für medizinisch notwendige Kastrationen.

Häufige Fragen zur Hunde-Kastration

Hund kastrieren oder sterilisieren – worin liegt der Unterschied?

Während bei einer Kastration die Hoden (bei Rüden) oder der Eierstöcke (bei Hündinnen) vollständig entfernt werden, werden bei den im Vergleich eher seltenen Sterilisationen

  • bei Rüden die Samenleiter durchtrennt und
  • bei Hündinnen die Eileiter durchtrennt.

Durch die Sterilisation werden die Tiere lediglich zeugungsunfähig; Bei Hündinnen setzt weiterhin die Läufigkeit ein, bei Rüden bleibt die Produktion der Sexualhormone unverändert bestehen, der Hormonhaushalt bleibt also gleich.

Chippen statt kastrieren: Gibt es Alternativen zur Kastration?

Bei einer Kastration handelt es sich um einen unwiderruflichen Vorgang: Sind die Hoden oder Eierstöcke erst einmal entfernt, müssen Vierbeiner und Hundehalter mit den Konsequenzen leben. Wenn eine Kastration bei Rüden primär angedacht wird, weil die Sexualhormone so starken Einfluss zu nehmen scheinen, empfehlen einige Tierärzte als Alternative zur endgültigen Kastration den temporär wirksamen Kastrationschip (auch Hormonchip). Ist nicht eindeutig zu klären, ob eine Kastration die erwünschte Wirkung erzielt, dient das kleine Hormonimplantat als Test. Der Chip hat eine Größe von wenigen Millimetern, unterbindet durch den Wirkstoff Deslorelin u. a. die Bildung des Geschlechtshormons Testosteron und kann so die in einigen Fällen gewünschten Veränderungen des Hormonhaushalts hervorrufen wie etwa eine nachlassende Libido. Das Implantat baut sich im Lauf der Zeit selbst ab.

Was ist bei der Operation zu beachten?

Es steht fest: Dein Vierbeiner muss eine Kastration über sich ergehen lassen? Mach dir nicht allzu große Sorgen! Eine Kastration stellt einen Routineeingriff bei deinem Tierarzt dar. Die folgenden Punkte können dir helfen, einen passenden Termin für die OP zu finden, damit du deinem Liebling davor und danach bestmöglich zur Seite stehen kannst:

Vor dem Eingriff:

  • Vor der OP darf dein Hund über mehrere Stunden nichts gegessen haben, Trinken ist bis kurz vor dem Termin in Ordnung.

Nach der OP:

  • Gönn deinem Liebling Ruhe, sodass er sich an einem ruhigen und vergleichsweise dunklen Ort erholen kann. Viele Tiere sind nämlich nach der OP geräusch- und lichtempfindlich und frieren leichter. Eine Hundedecke kann hier helfen.
  • Ja, es ist als Hundemama oder Hundepapa schwer zu ertragen – doch Winseln oder Jaulen deutet nicht unbedingt auf Schmerzen hin, sondern ist in der Regel auf die Narkose zurückzuführen und klingt zeitnah ab.
  • Deiner Fellnase solltest du frühestens abends oder erst am nächsten Tag eine kleine Mahlzeit anbieten; die Hälfte ihrer sonst regulären Portion reicht dann vollkommen aus. Auch Appetitlosigkeit ist zunächst ok.
  • Oft verschreiben Tierärzte Schmerzmittel, die nach individuellen Vorgaben die Tage nach der OP verabreicht werden. Hämatome von der Operation sind keine Seltenheit.
  • Die Wunde muss geschützt werden, um Komplikationen wie Infektionen zu verhindern. Je nach Operationstechnik wird dein Vierbeiner für eine Weile mit einer Halskrause oder einem Body zurechtkommen müssen. Zudem gilt: schonen, schonen, schonen – Bewegung sollte auf ein Minimum reduziert werden!
  • Wenige Tage nach der OP steht oft ein Kontrolltermin an.
  • Wurde die Wunde vernäht, kann es sein, dass gut 1,5 bis 2 Wochen nach dem Eingriff die Fäden gezogen werden.
  • Was es darüber hinaus noch bei der Nachsorge zu beachten gilt, erfährst du in deiner Tierarztpraxis oder der Tierklinik.

Fazit: Bei einer medizinischen Diagnose, die eine Kastration unumgänglich macht, damit dein Liebling artgerecht und schmerzfrei leben kann, lässt sich die Kastration nur schwer in Frage stellen. Anders verhält es sich aber, wenn du dir Verhaltensänderungen wünschst, die anschließend eintreten könnten – oder auch nicht. Machen wir uns nichts vor – die Entscheidung für oder gegen eine Kastration ist schwierig! Es ist und bleibt ein kontroverses Thema und eine sehr individuelle Entscheidung.

Wie haltet ihr es bei euren Vierbeinern? Habt ihr euch mit der Entscheidung für oder gegen eine Kastration schwer getan? Gebt gern eure Erfahrungen in den Kommentaren weiter!

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